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Lessons Learned – Ladeinfrastruktur an Firmenstandorten richtig planen

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The Mobility House Team

15. Juni 2022

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Die Elektromobilität boomt – auch viele Unternehmen überlegen derzeit, ihre Dienstwagen auf elektrische Antriebe umzustellen. Mit der Erneuerung des Fuhrparks allein ist es jedoch nicht getan: An den Firmenstandorten muss auch eine leistungsfähige Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. Worauf dabei zu achten ist und wie sich Fallstricke und Fehlinvestitionen vermeiden lassen, erklären unsere Spezialist:innen.

E-Autos laden an Ladestation

1. Konzept und Ausschreibung

Ob kleiner Mittelständler oder Großkonzern, eine fundierte Planung ist das A und O für den Projekterfolg. Unterhält ein Unternehmen mehrere Standorte, sollte das Ladeinfrastruktur-Konzept standortübergreifend angelegt sein. Denn ein einheitliches Set-up vereinfacht sowohl die Beschaffung und Installation als auch den späteren Betrieb der Ladestationen. Wichtig ist außerdem, schon heute an morgen zu denken und auf ein skalierbares System (herstellerneutral, offene Schnittstellen, …) zu setzen. So kann die Infrastruktur mit den Bedürfnissen und Innovationen der Zukunft (z.B. Plug and Charge) mitwachsen.

Sofern Unternehmen zu einer Ausschreibung verpflichtet sind (z.B. als öffentliche Einrichtung oder aufgrund firmeninterner Vorgaben), sollten sie diese Gelegenheit nutzen, um durch ein detailliertes Leistungsverzeichnis maßgeschneiderte Lösungsangebote zu erhalten (evtl. auch von bevorzugten Anbieter). Das Verzeichnis sollte der Vergleichbarkeit halber und um jeweils die beste/kostengünstigste Lösung angeboten zu bekommen in die einzelnen Teilbereiche aufgegliedert werden: Hardware, Lade- und Energiemanagementsystem, Software (Ladestationsmanagementsystem) und Installation ggf. auch Service. Beim Lade- und Energiemanagementsystem sollte ein offenes, herstellerunabhängiges System gewählt werden.

Beispiele für Ausschreibungstexte

2. Förderung und Refinanzierung

Der Aufbau einer Firmen- Ladeinfrastruktur stellt eine erhebliche Investition dar. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig über passgenaue Förderprogramme von Bund, Ländern und Kommunen zu informieren. Vom Bund werden zurzeit Ladestationen mit bis zu 900 EUR gefördert, Unternehmen können pro Standort maximal 45.000 EUR Zuschuss erhalten. Wichtige Voraussetzung: Die Ladepunkte müssen durch ein Lade- und Energiemanagement steuerbar sein. Generell gilt für Förderungen, dass erst nach Eingang der Förderzusage mit der Realisierung der LIS begonnen werden darf.

Auch für die Betriebskosten einer Ladeinfrastruktur gibt es attraktive Refinanzierungsmöglichkeiten. So können sich Unternehmen die durch die Flottenelektrifizierung eingesparten CO2-Emissionen auf Basis der sogenannten Treibhausgas-Minderungsquote vergüten lassen. Und zwar gleich doppelt: Als Fahrzeughalter erhalten sie auf Antrag eine jährliche Pauschale pro Fahrzeug und als Ladepunktbetreiber (CPO) nochmals bis zu 20 Cent für jede kWh, die an der eigenen Ladeinfrastruktur verladen wird. Die zweite – sehr lukrative – Option der Refinanzierung besteht allerdings nur für zumindest halböffentlich zugängliche Ladestationen, an denen z.B. nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Kunden/Gäste laden können.

Last but not least ist der Aufbau einer Ladeinfrastruktur eine nachhaltige Investition in die Zukunft. Denn das im März 2021 in Kraft getretene Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) schreibt vor, dass bei Neubauten und umfangreichen Sanierungen von Nichtwohngebäuden ohnehin eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen bzw. vorbereitenden Installationen verpflichtend vorzusehen ist. Für Liegenschaften, die bereits über eine LIS verfügen, ist daher von einer Wertsteigerung auszugehen.

3. Genehmigungen und Meldepflichten

Befindet sich die Liegenschaft im Eigentum des Unternehmens, ist in der Regel keine Baugenehmigung für die Errichtung einer Ladeinfrastruktur erforderlich. Bei gemieteten Gewerbeimmobilien oder bei Liegenschaften im Gemein- oder Sondereigentum muss allerdings die Zustimmung des Vermietenden bzw. der Eigentümergemeinschaft eingeholt werden. Dabei geht es auch um das Thema Kostenaufteilung. Erfahrungsgemäß wird die Zustimmung nicht verweigert, zumal die Nachrüstung von Ladeinfrastruktur früher oder später – nicht zuletzt durch das GEIG – ohnehin ein Thema für alle Beteiligten wird.

Für die Ladeinfrastruktur selbst ist ab einer Summenleistung von 12 kVA (also schon ab dem zweiten 11-kW-Ladepunkt) eine Genehmigung beim Netzbetreiber einzuholen. Werden Ladestationen mit geeichtem Zähler betrieben, muss außerdem binnen sechs Wochen nach Inbetriebnahme eine Meldung bei der zuständigen Eichbehörde erfolgen. Informiert werden sollte schließlich noch der Gebäudeversicherer, um die LIS in den Versicherungsumfang aufzunehmen.

4. Installation und Auftragsvergabe

Für die Installation einer LIS gibt es verschiedene Szenarien. Bei einer firmeninternen Projektleitung können Planung, Elektroinstallation und ggf. Tiefbauarbeiten direkt vergeben werden. Bei der Auswahl des Elektrobetriebs ist darauf zu achten, dass dieser spezifische Erfahrungen aus der Errichtung von LIS – inklusive der Installation von Datennetzwerken – nachweisen kann (z.B. über eine einschlägige Zusatzqualifikation gemäß DGUV Vorschrift 3 sowie Referenzinstallationen). The Mobility House verfügt über ein kompetentes Installateur-Netzwerk in Deutschland, Österreich und in der Schweiz und kann bei Bedarf bewährte Betriebe in räumlicher Nähe des Unternehmens empfehlen.

Bei großen Projekten oder mangelnden internen Ressourcen bietet sich die Beauftragung eines externen Generalunternehmers an, der alle Fäden zusammenhält und Schnittstellenprobleme vermeidet. Vorteil: Das Unternehmen hat bei allen Fragen nur einen Ansprechpartner und mögliche Haftungsfragen sind schnell zu klären.

5. Zeitplanung

Wie eingangs erwähnt, ist eine gründliche Planung unverzichtbar; anschließend sollte man jedoch zügig in die Umsetzung kommen. Denn auch bei noch so vorausschauender Planung lassen sich nicht alle künftigen Entwicklungen und Bedürfnisse vorhersehen – Mut zur Entscheidung ist daher gefragt. Zukunftssicherheit bieten skalierbare, offene Technologien, die es ermöglichen, Planungen auch im Nachhinein anzupassen.

Generell wird der Faktor Zeit bei der Planung und Errichtung von Ladeinfrastruktur häufig unterschätzt. Bis das Konzept steht, die Förderung beantragt und genehmigt, alle Stakeholder informiert und die ausführenden Betriebe beauftragt sind, können leicht fünf bis sechs Monate ins Land gehen. Eine nicht zu enge, vorausschauende Zeitplanung ist daher eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Projektabwicklung.

6. Hardware/Schnittstellen

Standard-Ladestationen liefern Wechselstrom (AC) mit bis zu 22 kW, Schnellladestationen Gleichstrom (DC) ab 50 kW. DC-Stationen verfügen aus technischen Gründen immer über ein angeschlagenes Kabel (CCS-Standard), während AC-Stationen auch mit Steckdose (Typ 2) erhältlich sind. Zusätzlich kann ein Display für eine höhere Nutzerfreundlichkeit vorhanden sein. Noch wichtiger ist jedoch eine Netzwerkanbindung, die eine Steuerung oder ein zentrales Monitoring aller angeschlossenen Stationen ermöglicht. Zu entscheiden ist außerdem, ob eichrechtskonforme Zähler benötigt werden.

Das Angebot an Ladestationen ist mittlerweile sehr groß – umso wichtiger ist es, bei der Auswahl auf etablierte Standards zu achten, denn proprietäre Lösungen einzelner Hersteller können schnell in eine Sackgasse führen. Die Schnittstelle OCPP 1.6 (inkl. aller Funktionalitäten entsprechend der Open Charge Alliance; perspektivisch OCPP 2.01) stellt beispielsweise die Steuerbarkeit der Ladestationen sicher, um ein Lastmanagement zu ermöglichen.

Die Datenanbindung von Ladestationen an ein lokales Lastmanagement und ggfs. an ein CPO-Backend erfolgt in der Regel via Ethernet. Scheidet die direkte Einbindung in das Firmennetzwerk aus, kann die Ladeinfrastruktur z.B. in ein vorhandenes Gäste-LAN eingebunden werden. Auch eine Anbindung via LTE-Mobilfunk hat sich bewährt. Eine WLAN-Anbindung wird im Firmenumfeld wegen der geringeren Stabilität nicht empfohlen.

7. Netzanschluss/Lastspitzen

Ob der vorhandene Netzanschluss am Unternehmensstandort erweitert werden muss, hängt vom Energiebedarf bzw. dem Bedarfsprofil, der verfügbaren Leistungsreserve und der benötigten Ladeleistung ab. In jedem Fall hilft ein Lade- und Energiemanagement, die verfügbare Netzleistung optimal auszunutzen und teure Lastspitzen zu vermeiden. Empfehlenswert ist ein dynamisches Lade- und Energiemanagement, das in die Hauptverteilung des bestehenden Netzanschlusses integriert wird und so auch die Gebäudelast in die intelligente Steuerung einbezieht. Ist eine direkte Anbindung nicht möglich – z.B. weil der Firmenparkplatz in größerer Entfernung zum vorhandenen Anschluss liegt – kann auch ein eigener Anschluss gelegt und die Leistung unabhängig von der Gebäudelast gesteuert werden.

Ein intelligentes Lade- und Energiemanagement ermöglicht nicht nur eine optimale Ausnutzung der verfügbaren Leistung (und verhindert in den meisten Fällen einen kostspieligen Ausbau des Netzanschlusses), sondern spart auch Stromkosten im laufenden Betrieb, indem Lastspitzen vermieden werden (Peak Shaving). Im Vergleich zu einem ungesteuerten Betrieb der Ladeinfrastruktur lassen sich so zwischen 30 und 70 Prozent der Stromkosten einsparen. Im Interesse der Betriebssicherheit geben gängige Normen/Richtlinien (z.B. VDI 2166) eine lokale Lösung vor.

8. Monitoring

Alle Ladestationen sollten über eine OCPP-1.6-Schnittstelle verfügen. Denn darüber können sie an ein OCPP-fähiges Backend angebunden werden, das ein zentrales Monitoring der Anlage gestattet. Dort kann jederzeit der Status aller Ladepunkte (z.B. laden, verfügbar etc.) an den verschiedenen Standorten eingesehen werden. Wichtig ist, dass zudem folgende grundlegende Funktionen abgedeckt sind:  

  • Starten und Stoppen von Ladevorgängen 
  • Neustart von Ladepunkten im Fehlerfall
  • Anzeigen von Fehlermeldungen inkl. weiterführender Informationen zur Fehlerbehebung einer Ladestation 
  • Reporting-Möglichkeiten, die häufig für Nachhaltigkeitskennzahlen essenziell sind
  • Beobachtung der Auslastung, um ggf. eine Erweiterung des Ladeparks planen zu können

Zusätzliche Vorteile eines Monitoring-Systems sind die Analysemöglichkeiten, die sich daraus ergeben. So werden z.B. Informationen über die einzelnen Ladevorgänge hinsichtlich genutzter RFID-Karte, Ladedauer (inkl. Start- und Stoppzeit), geladener Energiemenge in kWh sowie die dadurch entstandenen Kosten erfasst. Darüber hinaus finden sich dort Einblicke in die Ladeprofile der abgeschlossenen Ladevorgänge sowie standortübergreifende Statistiken hinsichtlich Energieverbrauch der geladenen Fahrzeuge und der dadurch entstandenen Lastspitzen. Auch die Anlage und Verwaltung von RFID-Karten zum Zugriff auf die Ladestationen verschiedener Standorte kann über das Monitoring-System durchgeführt werden.   
 
Alle Funktionen sind somit leicht zugänglich und bei auftretenden Fehlern kann schnell reagiert werden. Bei größeren Ladeparks kann es sinnvoll sein, einen externen 24/7-Fernwartungsservice zu beauftragen. Wichtig ist auch die vorbeugende Wartung der Ladeinfrastruktur: So sehen die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eine jährliche Pflichtprüfung durch einen Fachbetrieb vor. Neben der Funktionskontrolle bietet ein Ladestations-Backend auch weitere Optionen, wie z.B. die Abrechnung.

9. Abrechnung

Um den rasant wachsenden Zulassungszahlen elektrischer Fahrzeuge und dem damit einhergehenden Stromverbrauch gerecht zu werden oder Einwänden des Betriebsrats entgegenzuwirken, ist die Abrechnung für viele Unternehmen eine gefragte Anwendung. Mit einer Abrechnungslösung eröffnen sich deshalb ganz neue Möglichkeiten: Neben Zugangskontrolle und Datenaufzeichnung von Ladevorgängen besteht eine Kernaufgabe in der Abwicklung von Zahlungsströmen. Das Thema Datenerfassung wird insbesondere auch dann relevant, wenn z.B. Dritte (Gäste, Zulieferer etc.) auf dem Firmenparkplatz gegen Entgelt laden können, Mitarbeitende ihr Firmenfahrzeug bei sich zu Hause „auftanken“ oder ihr Privatfahrzeug für Dienstfahrten nutzen. Auf dem Markt angebotene Services unterschieden sich stark. Die „Rundum-Sorglos-Variante“ bietet ein vollautomatisiertes Cash-Management: Hier entfällt für das Unternehmen die Rechnungserstellung sowie das Ausfallrisiko. 
 
Ist eine Abrechnung des Ladestroms am Unternehmensstandort geplant, müssen die Ladepunkte über einen eichrechtskonformen Zähler verfügen. Entsprechende Stationen sind etwas teurer, bieten dafür aber eine höhere Nutzungsflexibilität und Zukunftssicherheit. Eine eichrechtskonforme Ladeinfrastruktur ist auch Voraussetzung für die Ladestrom-Vergütung aus der THG-Minderungsquote. 
 
Ist eine kWh-genaue Abrechnung heute und auch in Zukunft nicht erforderlich, genügen kostengünstigere MID-konforme Zähler. Mitarbeitende können den Ladestrom in diesem Fall – wenn sie nicht ohnehin gratis laden – über eine Nutzungspauschale begleichen. Übrigens: Bis 2030 ist es Unternehmen gestattet, den Ladestrom an ihre Mitarbeitenden zu „verschenken“, ohne dass diese ihn als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Umgekehrt sparen auch Unternehmen durch den Verzicht auf eichrechtskonforme Ladestationen. 

10. Einbindung Photovoltaik/Batteriespeicher

Im Rahmen der Flottenelektrifizierung kann es sich lohnen, über eine eigene Stromproduktion aus erneuerbaren Energien nachzudenken – beispielsweise durch eine solare Überdachung des Firmenparkplatzes. Auch bereits bestehende Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke oder Batteriespeicher lassen sich als Erzeuger für eine zusätzliche Ladeenergiereserve am Standort nutzen. Auf diese Weise können solare Überschüsse optimal genutzt werden.
 
Durch Einbindung der Ladevorgänge lässt sich auch der Eigenverbrauchsanteil an der eigenen Stromproduktion erhöhen. Seit dem 1.1.2021 ist zudem die EEG-Umlage auf PV-Anlagen bis 30 kWp Leistung und einer Eigenverbrauchsmenge bis 30 MWh/a entfallen, sodass in diesem Rahmen eine umlagenfreie Stromerzeugung möglich wurde.

Fazit: Der richtige Zeitpunkt zur Elektrifizierung ist jetzt!

Der Übergang zur Elektromobilität ist in vollem Gange und wird von rechtlichen Rahmen- und attraktiven Förderbedingungen getrieben. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen ab 2023 dazu verpflichtet, ihre CO2-Ziele zu berichten, beschleunigt diese Entwicklung zusätzlich. Für Unternehmen ist daher ein günstiger Zeitpunkt, die Errichtung einer Ladeinfrastruktur am Standort anzugehen und die Elektrifizierung ihres Fuhrparks sicherzustellen. Bei Realisierungszeiten von 6 bis 9 Monaten ist ein frühzeitiger Start notwendig. Mit der Projekterfahrung aus der Elektrifizierung von über 1.000 Standorten und mit unserem eigenen Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot® hat sich The Mobility House als führendes Unternehmen im Bereich Ladeinfrastruktur etabliert und steht dir bei allen technischen und regulatorischen Fragen gern zur Seite. 
 
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