Der Deutsche Bundestag hat am 13. November 2025 eine entscheidende Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verabschiedet. Ab 2026 wird bidirektionales Laden und damit Vehicle-to-Grid (V2G) in Deutschland erstmals wirtschaftlich möglich. Damit erschließt Deutschland das bislang ungenutzte Speicherpotenzial von über 1,65 Millionen Elektrofahrzeugen – ein Meilenstein für Flexibilität, Netzstabilität und die Integration erneuerbarer Energien.
Mit der Reform fällt die zentrale Hürde für V2G: die doppelte Belastung von rückgespeistem Strom mit Netzentgelten. Künftig wird eingespeister Strom wie Speicherstrom behandelt. Gleichzeitig schafft die Bundesnetzagentur mit der MiSpeL-Regelung (ab 1. April 2026) die technischen Voraussetzungen für V2G ohne zweiten Stromzähler und ohne komplexe Prozessketten. Beide Schritte zusammen ebnen den Weg für eine breite Markteinführung.
Faire Netzentgelte als Grundstein für Vehicle-to-Grid
Bisher mussten E-Autobesitzer:innen zweimal Netzentgelte zahlen – einmal beim Laden und ein zweites Mal, wenn sie nach einer netzdienlichen Rückspeisung ihre Batterie wieder auffüllen mussten. Wer dem Stromnetz half, wurde damit finanziell benachteiligt. Genau diese doppelte Belastung wird jetzt endlich abgeschafft.
Bislang mussten Haushalte beim Laden ihrer Fahrzeugbatterie Netzentgelte zahlen – wie bei jedem Stromverbrauch. Wenn das Auto später Strom ins Netz zurückgab, war diese Rückspeisung zwar nicht erneut belastet, doch beim Wiederaufladen der Batterie fielen erneut Netzentgelte an. Damit wurden Fahrzeugnutzer:innen faktisch zweimal mit Netzentgelten belegt – obwohl die Zwischeneinspeisung das Stromsystem stabilisierte. Diese doppelte Belastung machte Vehicle-to-Grid wirtschaftlich unattraktiv.
Die EnWG-Änderung beendet diese Benachteiligung nun. Rückgespeister Strom aus Elektrofahrzeugen wird künftig wie Speicherstrom behandelt – analog zu Pumpspeichern oder stationären Großspeichern, die für ihren zwischengespeicherten Strom keine Netzentgelte zahlen müssen. Damit entsteht erstmals ein fairer, wirtschaftlich tragfähiger Rahmen für V2G und ein klarer Anreiz, die Flexibilität von E-Autos ins Energiesystem zurückzugeben.
Gesamtgesellschaftlicher Nutzen: E-Autos als dezentrale
Speicher
Mit der Reform entwickelt sich das Elektroauto vom reinen Verbraucher zu einem aktiven Baustein der Energiewende. E-Fahrzeuge können überschüssige erneuerbare Energie aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben – dezentral, schnell verfügbar und kundenfreundlich.
Deutschland erschließt damit ein dezentrales Speicherpotenzial von rund 3,3 bis 5,0 GWh. Bei einer realistischen Anschlussquote von 20–30 % entspricht dies 1,0 bis 1,5 GW flexibler Leistung – vergleichbar mit einem Großkraftwerk, verteilt über Millionen Fahrzeuge. Und das bei einer Elektrifizierungsquote von erst rund 3 %.
Umsetzung und zeitlicher Ablauf
Die Entlastung bei den Netzentgelten tritt am 1. Januar 2026 in Kraft. Ab dem 1. April 2026 folgen die MiSpeL-Prozessregeln, die V2G technisch und regulatorisch vereinfachen. Anschließend benötigen Netzbetreiber etwa 6 bis 12 Monate, um ihre Systeme anzupassen – große Betreiber rechnen mit 6–9 Monaten, kleinere mit bis zu 12 Monaten. Damit wird V2G ab 2026 schrittweise im Markt ankommen.
Weiter bestehende Herausforderungen
Trotz des historischen Fortschritts bleibt ein strukturelles Hindernis bestehen: der geringe Smart-Meter-Ausbau in Deutschland. Aktuell sind erst rund 3 % der Haushalte und relevanten Anschlüsse mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet – weit hinter Ländern wie den Niederlanden, Frankreich, Schweden oder Dänemark, die teils nahezu 100 % erreicht haben. Für die skalierbare Umsetzung von V2G ist ein schnellerer Rollout unverzichtbar.
Zudem entfällt die Stromsteuer bislang nur für Haushalte mit eigener Photovoltaikanlage. Für Nutzer ohne PV bleibt sie vorerst bestehen. Auch wenn es hier lediglich um rund 2 Cent pro Kilowattstunde geht – zu wenig, um den Business Case zu gefährden – ist eine vollständige Gleichstellung sinnvoll. Der Finanzausschuss empfiehlt, weitere Vereinfachungen im Stromsteuerrecht für V2G zeitnah zu prüfen.
Trotz dieser Punkte gilt: Die entscheidende regulatorische Barriere – die doppelte Belastung mit Netzentgelten – ist nun beseitigt. Damit ist der Weg für den Markthochlauf erstmals frei.
Bedeutung für The Mobility House
The Mobility
House arbeitet seit über zehn Jahren an der Entwicklung und Integration von
V2G – darunter der erste reale V2G-Pilot Deutschlands im Jahr 2015. Die
Geschäftseinheit The Mobility House Energy fokussiert sich auf die
technologische Weiterentwicklung und Vermarktung dieser Lösungen. Mit der
EnWG-Änderung kann das Unternehmen seine V2G-Services nun erstmals in
Deutschland kommerziell anbieten.
Partnerschaft mit Mercedes-Benz
Gemeinsam mit Mercedes-Benz hat The Mobility House Energy eine europaweite Partnerschaft für intelligentes und bidirektionales Laden gestartet. Diese umfasst eine End-to-End-Lösung, mit der Mercedes-Benz ab 2026 V2G-fähig wird. Ziel ist die direkte Kopplung der Fahrzeuge mit dem Energiesystem – für höhere Netzflexibilität, effizientere Nutzung erneuerbarer Energien und wirtschaftliche Vorteile für Kund:innen.
Erfahrungen aus Frankreich mit Renault & Mobilize
In Frankreich arbeiten Renault, Mobilize und The Mobility House Energy bereits seit 2024 erfolgreich am kommerziellen Einsatz von V2G im Alltag. Kund:innen können dort mit bidirektionalen Lösungen nicht nur laden, sondern auch Strom ins Netz zurückspeisen – und damit ihre jährlichen Energiekosten deutlich reduzieren. Diese Erfahrungen zeigen: V2G ist technisch ausgereift und marktfähig. Nun entsteht auch in Deutschland der regulatorische Rahmen, um diese Erfolge zu übertragen.
"Die Abschaffung der doppelten Netzentgelte ist ein energiepolitischer Meilenstein: Vehicle-to-Grid macht das Elektroauto erstmals zu einem aktiven Teil des Energiesystems. Millionen Fahrzeuge liefern künftig die schnelle, dezentrale Flexibilität, die ein erneuerbares Stromsystem braucht. Das schafft günstigere E-Mobilität, mehr nutzbare erneuerbare Energie und weniger Netzausbau durch verteilte Speicher – ein echter Durchbruch."
Herbert Diess,
Verwaltungsratsvorsitzender, The Mobility House
"Seit über zehn Jahren arbeiten wir darauf hin, Vehicle-to-Grid in Deutschland möglich zu machen – technisch und regulatorisch. Die Abschaffung der doppelten Netzentgelte markiert den Durchbruch, den diese Technologie verdient. Wir wissen aus realen Anwendungen in Frankreich und aus unseren frühen Pilotprojekten in Deutschland, welches Potenzial darin steckt: Elektroautos können erneuerbaren Strom flexibel verschieben, das Netz stabilisieren und Kund:innen finanziell entlasten. Ab 2026 können wir diese Erfahrung endlich skalieren."
Thomas Raffeiner,
CEO und Gründer, The Mobility House
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