Ob ein Elektroauto im Alltag praktisch ist, steht und fällt mit seiner Reichweite. Mit der Nutzung öffentlicher Ladesäulen gewinnen Sie ein stückweit an Flexibilität, wenn Sie einmal weitere Fahrstrecken mit Ihrem Fahrzeug zurücklegen möchten. Jedoch werden Sie als Elektroautofahrer mit einem Dschungel an diversen Abrechnungssystemen, verschiedenen Stromtarifen und Zugangssystemen konfrontiert und verlieren womöglich den Überblick.
Laut Bundesnetzagentur gab es im April 2022 mehr als 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Bei der Auswahl des richtigen Ladesäulen-Anbieters spielt Ihr eigenes Ladeverhalten eine ausschlaggebende Rolle.
Welcher Ladetyp sind Sie?
Wir von The Mobility House haben verschiedenes Ladeverhalten von Elektroautobesitzern im öffentlichen Bereich analysiert und dabei drei Haupt-Ladetypen erkannt. Hierzu haben wir ein Elektroauto mit einer Batteriekapazität von 20 kWh und einer Ladeleistung von 3,7 kW zugrunde gelegt. Dies entspricht beispielsweise dem BMW i3 oder dem Nissan Leaf.


Notfalllader
Sie laden Ihr Elektroauto meistens an der eigenen Ladestation zu Hause oder am Arbeitsplatz. Unterwegs laden Sie nur im Notfall. Ihre Durchschnittslademenge an einer öffentlichen Ladestation beträgt ca. 20 kWh pro Monat. Das entspricht zum Beispiel einer Vollladung.


Gelegenheitslader
Sie sind sehr viel in der Stadt unterwegs und laden ab und zu Ihr Elektroauto auch einmal auf. Ihre Durchschnittslademenge beträgt an einer öffentlichen Ladestation ca. 50 kWh pro Monat. Sie laden also beispielsweise zweieinhalb Mal voll im Monat.


Viellader
Sie sind regelmäßig auf Geschäftsreise und auf die öffentlichen Ladestationen für Ihr Elektroauto angewiesen. Ihr Elektroauto laden Sie im Durchschnitt fünf Mal monatlich an öffentlichen Ladesäulen voll. Das entspricht einer Ladung von ca. 100 kWh pro Monat.
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Vergleich der Abrechnungssysteme bei öffentlichen Ladesäulen
Auf der Fahrt mit dem Elektroauto durch Europa begegnen Ihnen viele verschiedene Ladesäulen mit unterschiedlichen Abrechnungssystemen. Die meisten funktionieren jeweils mit einer eigenen Ladekarte oder Lade-App. Aktuell gibt es allein in Deutschland über 380 unterschiedliche Ladekarten. Im Normalfall ist es notwendig, sich bei dem Betreiber der Ladesäule zu registrieren.
Die Ladestrom-Tarife sind oftmals intransparent und basieren auf unterschiedlichen Bezahlmodellen: Grundgebühren, Prepaid-Tarife oder es wird nach einer der folgenden Preiskomponenten abgerechnet:
- Lademenge: Die meisten Anbieter stellen die Lademenge, also die kWh, die Ihr Elektroauto lädt, in Rechnung.
- Grundgebühr: Zusätzlich zur geladenen Zeit oder Lademenge kann je nach Anbieter eine weitere monatliche Grundgebühr anfallen. Diese fällt immer an, unabhängig von der Lademenge und Zeit.
- Startgebühr: Es fällt ein einmaliges Entgelt für das Starten eines Ladevorgangs an.
Abhängig vom Betreiber der Ladestation können diese Preiskomponenten auch miteinander kombiniert werden.
Welche Ladekarte ist die passende für mich?
Die wichtigsten Anbieter öffentlicher Ladesäulen
Die Wahl der passenden Ladekarte hängt neben dem eigenen Fahrverhalten auch stark von der jeweiligen Region ab. Für Vielfahrer ist zum Beispiel eine Karte mit monatlicher Grundgebühr von Vorteil, da hier geringere bzw. gar keine Kosten für die einzelne Ladung anfallen. Für Gelegenheitsfahrer hingegen ist meist eine Prepaid-Karte am sinnvollsten.
Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten Ladeanbieter im europäischen Raum.
Öffentlich laden: Roaming Anbieter
Einige Marktteilnehmer wollen das Laden im öffentlichen Raum einfacher gestalten, indem sie Ladekarten anbieten, die mit möglichst vielen Ladestationen kompatibel sind. Bei den Roaming-Lösungen können Fahrer von Elektroautos nicht nur die Lade-Infrastruktur des eigenen Netzwerks nutzen, sondern erhalten auch Zugang zu den Ladesäulen der Roaming-Partner. Das ist ideal für Notfalllader.
Plugsurfing und Shell ReCharge bieten das Laden an nahezu allen Ladestationen in Europa an. Sie übernehmen die komplette Abrechnung - bezahlt wird allerdings nach dem Tarif, den der Ladesäulenbetreiber festlegt. Die beiden Anbieter verlangen für diesen Service keine monatliche Grundgebühr, sondern verdienen an Aufschlägen auf die Ladekosten. Abgerechnet wird die Ladezeit, die geladene Strommenge oder eine bestimmte Startgebühr.


Anbieter | Anzahl Stationen | Monatliche Grundgebühr | Kosten: Aufladung AC | Weitere Informationen |
---|---|---|---|---|
Shell ReCharge | 275.000+ (EU) | - | variiert* | Laden mit der Shell ReCharge App oder Ladekarte. Ladekosten werden per Lastschrift abgerechnet. |
Plugsurfing | 250.000+ (EU) | - | variiert | Laden mit Lade-App oder RFID-Ladeschlüssel (9,95 €). Plugsurfing rechnet die Ladevorgänge monatlich ab. Zahlung per Kreditkarte oder PayPal möglich. |
ADAC e-Charge | 250.000+ (DE, AT, CH, FR, IT & mehr) | - | ab 0,38 € / kWh (AC) ab 0,48 € / kWh (DC) |
Kooperation von ADAC mit EnBW. Preise gelten für EnBW Ladestationen. Laden an Ionity-Stationen kostet 0,79 € / kWh. Bezahlt wird mit der EnBW mobility+ App. |
Stand: Mai 2022
Öffentlich laden: Örtliche Stromversorger
Der Energieversorger EnBW bietet für Elektroauto-Besitzer eine Lade-App an, mit der man Ladestationen finden und das Laden bezahlen kann. Die Abrechnung erfolgt nach geladenem Strom. Der Standard-Tarif ohne Grundgebühr ist ideal für Gelegenheitslader, um flexibel zu bleiben.
Der MAINGAU Energiekonzern bietet seinen Kunden einen extra Autostromtarif, mit dem sie an mehr als 270.000 Ladepunkten in Europa ihr Fahrzeug laden können. Hier wird seit April 2019 auch nach Kilowattstunde abgerechnet.


Elektroauto-Vielfahrer sind mit einer Flatrate am besten beraten. Es lohnt sich, Viellader-Tarife wie die von EnBW und E.ON ins Auge zu fassen. EnBW empfielt diesen bereits ab einem Verbrauch von rund 70 kWh im Monat.
Anbieter | Anzahl Stationen | Monatliche Grundgebühr | Kosten: Aufladung AC | Weitere Informationen |
---|---|---|---|---|
EnBW mobility + App | 250.000+ (EU) | - |
0,45 € /kWh (AC) |
Preise gelten im Standard-Tarif. Im Viellader-Tarif gelten 0,36 € /kWh (AC) und 0,46 € / kWh (DC) bei einer monatlichen Grundgebühr von 5,99 €. Lohnt sich ab ca. 70 kWh im Monat. Ab einer Standzeit von über 4 Std. fällt eine Blockiergebühr von 0,10 € / min. an. |
ENTEGA - Ladekarte | 245.000+ (EU) | - |
0,43 € / kWh (AC) |
Für ENTEGA-Kunden. Einmalige Aktivierungskosten von 10 € pro Ladekarte. Monatsabrechnung per E-Mail. |
naturstrom smartcharge | 100.000+ (EU) | 6,90 € |
0,39 € / kWh bis 0,49 € / kWh (AC) je nach Ladepunkt |
Ladevertrag inkl. smartcharge App. Zusätzlich zu den Kosten pro kWh fallen Kosten je Minute an: 0,01 € an den NATURSTROM-Ladesäulen und 0,02 €/min. an den Ladesäulen der Partner Allego und E-Wald. |
Maingau Autostrom | 270.000+ (EU) | - |
0,39 € / kWh (AC) |
Preise gelten für Maingau Kunden in Deutschland (variiert ggf. in anderen EU-Ländern). |
E.ON Drive Easy | 160.000+ (EU) | 4,95 € |
0,39 € / kWh (AC) |
Preise gelten für E.ON Ladepunkte. Die aktuellen Preise für jeden Ladepunkt können in der E.ON Drive App eingesehen werden. |
Enspire Energie | 30.000+ (EU) | 3 € | 0,34 € / kWh (AC) |
Gilt für Enspire Energie Kunden ("Grüner Strom") für Ladevorgänge an Ladestationen der Stadtwerke Konstanz. |
Stand: Mai 2022
Öffentlich laden: Automobilhersteller
Hersteller wie BMW, Volkswagen oder Tesla bieten eigene Abrechnungssysteme an, die ausschließlich Elektrofahrzeugen der jeweiligen Marke vorbehalten sind.
Für Tesla gilt wieder ein anderes System: Die SuperCharger Ladesäulen können direkt angefahren und genutzt werden. Die Abrechnung erfolgt über das Nutzerkonto bei Tesla, das Sie mit dem Kauf eines Tesla-Wagens eingerichtet haben. Hier entstehen Ladekosten ab 0,50 € pro kWh. (Stand: 05/2022). Über die App werden Sie als Tesla-Fahrer informiert, wenn nach dem Vollladen Ruhegebühren anfallen.
Auch der Konzern Stellantis, zu dem u.a. die Marken Peugeot, Opel und Citroën gehören, plant mit seinem Partner TheF Charging ein öffentliches Ladenetz mit insgesamt über 15.000 Standorten in Europa. Dies soll bis 2025 gemeinsam entwickelt und gefördert werden soll.


Anbieter | Anzahl Stationen | Tarif | Monatliche Grundgebühr | Kosten: Aufladung | Weitere Informationen |
---|---|---|---|---|---|
BMW Charging | 300.000+ (weltweit) | Active | 4,99 € / Monat | ab 0,33 € / kWh (AC) ab 0,39 € / kWh (DC) |
Preise gelten für Active-Tarif. Hinzu kommen untertags 0,06 EUR / min. für AC-Laden über 180 Minuten bzw. + 0,20 EUR / min bei DC-Laden. Bei einem BMW Neuwagen entfällt die Grundgebühr in den ersten 12 Monaten. Im Flex-Tarif fällt generell keine Grundgebühr an, jedoch variieren die Preise je nach Ladepunkt. |
Mini Charging | 300.000+ (weltweit) | Active | 4,99 € / Monat | ab 0,33 € / kWh (AC) ab 0,39 € / kWh (DC) |
Analog zu BMW Charging |
Volkswagen | 300.000+ (EU) | Charge & Fuel (Card oder App) | 4,17 € / Monat | 0,79 € / kWh | Preise gelten im Standard S-Tarif für Privatkunden. Mindestvertragslaufzeit 1 Monat. Vielfahrer können sich für die Tarife IONITY M (8,66 € monatlich) oder IONITY L (17,16 € monatlich) entscheiden und damit Kosten pro kWh sparen. |
Stand: Mai 2022
Plug & Charge: Laden ganz unkompliziert und ohne Ladekarte
Ein neuer Ansatz geht über den Standard ISO 15118. Hier wird das Auto selbst zur Geldbörse und das Hantieren mit Karten und Apps überflüssig.
Der Datenaustausch zwischen Fahrzeug und Ladeinfrastruktur wird automatisiert und abgesichert. Sobald das Ladekabel eingesteckt ist, kommuniziert das Fahrzeug verschlüsselt mit der Ladestation und der Ladevorgang startet automatisch. Das abschließende Bezahlen erfolgt ohne weiteres Zutun.
Auch Aral bietet inzwischen die Plug&Charge-Technologie im gesamten Aral pulse Netzwerk mit über 500 ultraschnellen Ladepunkten in ganz Deutschland an. Mit Hilfe verschlüsselter Kommunikation identifiziert die Ladesäule das angeschlossene E-Auto sowie den bestehenden Ladevertrag und startet den Ladevorgang binnen kurzer Zeit.
Aktuell sind nur einige E-Auto-Modelle, wie beispielsweise der Porsche Taycan oder der Smart EQ, der Audi e-tron, der Ford Mustang Mach-E oder der Mercedes EQC, darauf ausgelegt, mit Plug & Charge zu laden.
Noch im Jahr 2022 sollen auch die ID. Modelle von Volkswagen diese neue Funktion erhalten - dies soll über ein Update geschehen.
Wie wirkt sich die Eichrechtskonformität auf das öffentliche Laden aus?
Die Eichrechtskonformität bringt Verbrauchern mehr Sicherheit und Transparenz bei der Abrechnung. Die Hersteller von Ladestationen arbeiten gerade daran, die Eichrechtskonformität bei ihren Ladestationen sicherzustellen. Das bedeutet, dass Messgeräte die Messerergebnisse in geeigneter Form darstellen und gegen Verfälschung absichern müssen. Zusätzlich müssen die Messergebnisse prüfbar sein. Somit ist in der Zukunft gewährleistet, dass Kunden genau das bezahlen was Sie tatsächlich geladen haben und dies auch nachvollziehen können.
Eigentlich müssen alle Ladesäulen ab dem 1. April 2019 geeignete Messsysteme aufweisen. Das Prinzip der Eichrechtskonformität wurde schon lange an die Ladestationsbetreiber kommuniziert. Der Strom muss nach kWh gemessen werden. Es muss zudem eindeutig sein, wem ein jeweiliger Ladevorgang zugeordnet wird.